Online-Publikation Buch ‚Arghya‘

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„Gebete vom Innersten des Herzens schützen uns vor Angst, sie erzeugen spirituelle Energien in uns, erleuchten den Geist und bringen ihm tiefen inneren Frieden”, sagt Yogi Paramapadma Dhirananda in seinem Gebetsbuch ,Arghya‘. In diesem Buch wurden einige Gebete zusammengefasst, welche am Ende der von Paramapadma Dhirananda geleiteten Meditationen beim Gebet gesprochen wurden. Auf Wunsch vieler seiner Schüler ist dieses Gebetsbuch entstanden, welches 1999 im KRIYA Verlag herausgegeben wurde. Die zweite Auflage des Gebetsbuchs ,Arghya‘ *) wurde im April 2020 publiziert.

*) Bemerkung: Die erste Auflage wurde unter dem Titel Argha (ohne y) veröffentlicht. Dies entspricht der bengalischen Aussprache (Muttersprache von Paramapadma Dhirananda) des Sanskritwortes Arghya. Im Bengalischen wird das y in Arghya nicht gesprochen.

Arghya – Darbringung / Offerings
Yogi Paramapadma Dhirananda
ISBN  978-3-9523882-1-1
KRIYA Verlag
2. Auflage 2020
zweisprachig: deutsch – englisch
60 Seiten
Online-Publikation

Der KRIYA Verlag hat entschieden, dieses Buch allen Menschen kostenfrei für den Eigengebrauch zur Verfügung zu stellen und als Online-Version zu publizieren.
Es ist jedoch nicht erlaubt, damit Bücher zu drucken.

Arghya (Ausgabe 2 / 2020) steht als gratis Download (pdf) zur Verfügung oder kann hier online gelesen werden

Der Sinn des Betens

Viele Menschen verstehen unter Beten, dass man seine Wünsche Gott kundtut. Dies meistens dann, wenn eine Notlage besteht oder man sich dringend etwas wünscht. Beten ist aber eine Zwiesprache mit dem HÖCHSTEN und sollte nicht an Bedingungen geknüpft sein.

„Beim Beten ist keine besondere Begabung nötig, viel mehr braucht es Bescheidenheit, Hingabe, Einfachheit und Ernsthaftigkeit. Einfache Worte von Herzen sprechen zu Gott mehr als großartige, egoistische Reden. ….
Beten um Weltliches und Materielles sind Gebete für sehr kleine Dinge. Sicher wird Gott diese Bedürfnisse erfüllen, auch ohne IHN zu bitten. Viel mehr als alles andere, sollte man Gott ganz besonders um seine unendliche Gnade, Seinen göttlichen Schutz, Seine ständige Führung und um Entwicklung aller göttlichen Qualitäten sowie das Erreichen von Gottesverwirklichung und Befreiung bitten. Selbstlose Gebete für andere werden von Gott zuerst erhört, sie bringen inneren Frieden und spirituelle Stärke.“

Man kann sich aber auch fragen, was der eigentliche Sinn des Betens ist, wenn doch der HÖCHSTE im Voraus schon alles weiß, was wir brauchen und was geschehen soll.
Zu diesem Punkt die folgenden Erläuterungen von Sri Aurobindo:

„Man zweifelt oft an der Wirksamkeit des Gebetes und vermutet, das Beten selbst sei etwas Irrationales und darum notwendigerweise etwas Überflüssiges und Unwirksames. Es ist wahr, dass der universale Wille immer seine Absichten ausführt und davon nicht durch egoistisches Drängen oder Flehen abgelenkt werden kann. Es ist auch wahr, dass der Transzendente, der sich in der universalen Ordnung zum Ausdruck bringt, allwissend ist und darum in seinem umfassenderen Wissen voraussehen muss, was zu geschehen hat. Er braucht dazu keine Weisungen oder Anregungen durch menschliches Denken. Wahr ist ferner, dass das Verlangen des Individuums in keiner Weltordnung ein wirklich bestimmender Faktor ist oder sein kann. Aber weder diese Ordnung noch die Ausführung des universalen Willens werden durch ein mechanisches Gesetz bewirkt, vielmehr durch Kräfte, von welchen, zumindest für das menschliche Leben, der Wille, die Aspiration und der Glaube des Menschen nicht zu den unwichtigsten gehören. Das Gebet ist nur eine besondere Form, in der sich dieser Wille, diese Aspiration und dieser Glaube zum Ausdruck bringen. Oft sind seine Formen noch sehr primitiv, nicht nur kindlich (was kein Fehler wäre), sondern kindisch. Aber doch hat das Beten eine wirkliche Macht und Bedeutung. Seine Macht und sein Sinn ist, den Willen, die Aspiration und den Glauben des Menschen mit dem göttlichen Willen als dem eines bewussten Wesens in Berührung zu bringen, zu dem wir in bewusste, lebendige Beziehungen treten können. Denn entweder können Wille und Aspiration durch unsere eigene Kraft und Anstrengung wirken, was zweifellos zu etwas Großem, Wirksamem (ob für niedere oder höhere Zwecke) führen kann. (Es gibt viele Disziplinen, die diese Kraft als die einzige herausstellen, die man verwenden soll.) Oder unser Wille und unsere Aspiration können in Abhängigkeit vom göttlichen oder universalen Willen und ihm untergeordnet handeln. Diese letztere Methode mag jenen Willen so auffassen, dass er tatsächlich auf unsere Aspiration antwortet, dies ist aber beinahe mechanisch, nach einer Art Energiegesetz, gewiss aber völlig apersonal reagiert. Oder sie mag ihn so verstehen, dass er bewusst auf unsere gottwärts gerichtete Aspiration und auf den Glauben der menschlichen Seele antwortet und ihre Hilfe, Führung, Schutz und den erbetenen Erfolg bringt, yogaksemam bahamyaham.1)

Das Gebet trägt dazu bei, diese Beziehung für uns zunächst auf der niederen Ebene vorzubereiten, wenn es auch dort mit vielem behaftet ist, was aus reinem Egoismus und bloßer Selbsttäuschung herrührt. Danach können wir uns aber höher hinauf jener spirituellen Wahrheit zuwenden, die dahinter steht. Dann kommt es nicht mehr so sehr auf Gewährung der erbetenen Sache an, vielmehr auf die Beziehung selbst, auf den Kontakt des menschlichen Lebens mit Gott, auf den bewussten Austausch mit ihm. In spirituellen Dingen und beim Suchen nach geistigen Gütern ist diese bewusste Verbindung eine große Macht. Sie ist eine viel stärkere Macht als unser völlig auf uns selbst gestütztes Kämpfen und Mühen: Sie schenkt uns ein erfülltes spirituelles Wachsen und größere geistige Erfahrung. Notwendigerweise findet das Beten schließlich sein Ende in dem Größeren, wozu es uns vorbereitet hat; tatsächlich ist die Ausdrucksform, die wir beten nennen, an sich nicht wesentlich, solange Glaube, Wille und Aspiration vorhanden sind. Oder das Gebet bleibt nur aus Freude an der Beziehung zu Gott bestehen. Es werden auch seine Wunschziele, artha oder Interesse, die es zu verwirklichen sucht, immer höher, bis wir schließlich die höchste, von keinen Motiven mehr bestimmte bhakti-Hingabe erreichen, die reine einfache göttliche Liebe darstellt ohne Verlangen oder Sehnsucht.”

1) Aus Bhagavadgītā 9, 22:

ananyāś cintayanto māṁ
ye janāḥ paryupāsate I

teṣāṁ nityābhiyuktānāṁ
yogakṣemaṁ vahāmy aham II

Übersetzung gemäß Bhagavadgītā von Sri Aurobindo:

Zu jenen Menschen, die Mich anbeten und dabei zum einzigen Gegenstand ihrer Gedanken machen, zu ihnen, die beständig im Yoga mit Mir geeint sind, bringe Ich von selbst jegliches Gute.

Hier noch zwei weitere Gebete:

„O Himmlischer Vater, Mutter, Freund, geliebter Gott! Mögen wir nicht aufhören, schweigend Deinen heiligen Namen zu wiederholen, bis wir Dir immer ähnlicher werden!
Erfülle uns mit göttlicher Begeisterung, damit wir nicht mehr die Materie, sondern nur noch Dich anbeten. Läutere unsere Herzen, damit sich Dein vollkommenes Reich durch uns auf Erden offenbare und alle Völker von ihrem Elend erlöst werden. Mögen unsere befreiten Seelen auch nach außen hin Gutes wirken.
Stärke unseren Willen, damit wir unsere weltlichen Wünsche überwinden und stets im Einklang mit Deinem fehlerlosen Willen handeln.
Gib uns unser täglich Brot: Nahrung, Gesundheit und Wohlergehen für den Körper, Leistungsfähigkeit für den Geist und vor allem Deine Liebe und Deine Weisheit für unsere Seele.
Nach Deinem Gesetz „wird man uns mit dem Maß, mit dem wir messen, wieder messen.“ Mögen wir allen, die uns kränken, vergeben und nie vergessen, dass wir selbst von Deiner Gnade abhängig sind.
Lass uns nicht durch den Missbrauch unserer gottgegebenen Vernunft in die Grube des Irrtums fallen. Wenn es aber Dein Wille ist, o GEIST, uns zu prüfen, so mache Dich selbst verlockender als alle Versuchungen.
Hilf uns, die schattenhaften Fesseln des einzigen Übels abzuwerfen: in Unkenntnis Deiner selbst zu leben.
Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.“

Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir.
Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu dir.
Mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir.